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Aus der HOCH³-Ausgabe "Klima", Juli 2025

Licht aus, Menschlichkeit an

Text: Sabine Monthaler-Hechenblaikner | Fotos Gerhard Berger

Was haben die Strahlentherapie, Teamgeist und eine ausgediente Pflanzenlampe gemeinsam? Radiologietechnologin Daniela Hilber begleitet Patient:innen mit viel Empathie durch die oft herausfordernde Behandlung – und denkt dabei auch an die Umwelt. Als Nachhaltigkeitsbotschafterin setzt sie im Klinikalltag einfache, aber effiziente Maßnahmen und motiviert das Team, bewusster mit Energieressourcen umzugehen.

Wir setzen alles daran zu heilen. Aber leider ist dies nicht bei allen möglich. Wir können durch Bestrahlung aber auch Schmerzen lindern und so die Lebensqualität der Betroffenen verbessern.

Daniela Hilber

Mit viel Empathie Begleitet Daniela Hilber ihre Patient:innen

Die Patientin hat schon am „Linac“ (Linearbeschleuniger) Platz genommen. Sie ist nicht zum ersten Mal da und trotzdem ist sie nervös, denn in weinigen Minuten beginnt die Tumor-Bestrahlung. Daniela Hilber konzentriert sich voll auf die Patientin. Die Radiologietechnologin achtet darauf , dass sie die Frau korrekt auf dem Bestrahlungstisch positioniert. Mit ruhiger, klarer Stimme spricht sie mir ihr, erklärt die einzelnen Schritte. Sanft setzt sie der Patientin eine spezielle Maske auf, die den Kopf während der Bestrahlung stabilisiert. Mit gezielten Handgriffen stellt sie das Gerät ein. Daniela und ihre Kollegin verlassen den Raum. Die dicke Bleitüre schließt sich. Die beiden gehen in den Vorraum zum PC, quasi die Steuerzentrale, von wo aus sie die Feinjustierung am LINAC vornehmen. Der "Bestrahlungsarm" des Beschleunigers beginnt sich in die richtige Position zu drehen, es surrt und summt und piepst. Um den Tumor millimetergenau zu bestrahlen, braucht es präzise Vorbereitung. Daniela gleicht die Bilder aus der Planung mit der aktuellen Position der Patientin am Bildschirm ab. Nach ein paar Mausklicks und der Feinjustierung am Gerät ist alles bereit. Die Bestrahlung startet.

BALANCE ZWISCHEN TECHNIK UND MENSCHLICHKEIT

„Man muss schon ein bestimmter Typ Mensch sein, um diesen Job zu machen“, sagt die Radiologietechnologin besonnen, wenn sie über ihren Alltag an der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie spricht. Man könnte meinen, als Radiologietechnolog:in hat man vor allem mit Gerten und Technik zu tun. Aber in dieser Abteilung muss man auch mit schwer kranken Menschen arbeiten wollen. So wie Daniela und ihre Kolleg:innen. Das Team der Strahlentherapie besteht neben dem 40-köpfigen RT-Team aus Medizinphysiker:innen, Pfleger:innen, Ärzt:innen und administrativen Kräften sowie einer Sozialarbeiterin und einer Psychologin. Sie betreuen gemeinsam täglich rund 190 Personen – vorwiegend Tumorpatient:innen – aus ganz Tirol, die zum großen Teil ambulant zur Behandlung nach Innsbruck kommen oder stationär im Krankenhaus sind. Daniela hat bereits während ihrer Ausbildung als Praktikantin in der Strahlentherapie begonnen und wurde dann direkt nach ihrem Abschluss als Mitarbeiterin übernommen. Seither ist sie hier und liebt ihren Job. Neben ihrer Arbeit legt die Mutter dreier Kinder großen Wert auf Umweltbewusstsein. Deshalb hat sie sich letztes Jahr dazu entschieden, den Lehrgang für Nachhaltigkeitsbotschafter:innen zu absolvieren.

VERÄNDERUNGEN SIND GEWÜNSCHT



Jede mitgebrachte Trinkflasche spart Bechermüll.

„Nachhaltigkeit ist ein ganz spannendes Thema. Ich habe den Kurs gemacht, weil ich einfach noch tiefer in die Materie rein wollte und dabei fest gestellt, dass es auch Ziel im Haus ist, mit diesem Wissen Veränderungen anzuregen“,

erzählt Daniela. Gerade in der Strahlentherapie wird aufgrund der hochtechnischen Geräte viel Energie benötigt – unverzichtbar für eine best mögliche Versorgung der Patient:innen. In diesem Bereich lassen sich keine Abstriche machen. Doch an anderen Stellen der Abteilung können gezielte Maßnahmen Änderungen bewirken, wie Daniela betont. Gemeinsam mit zwei Kolleginnen aus der Pflege und der Administration hat sie den Lehrgang absolviert. Seither engagieren sich die drei mit viel Offenheit und Motivation für mehr Bewusstsein in der Abteilung.

KLEINE SCHRITTE- GROSSE WIRKUNG

Das gelingt mit kleinen, aber effizienten Schritten. So wurden zum Beispiel die Abfallsysteme in einigen Bereichen der Abteilung besser beschriftet, um die Mülltrennung zu erleichtern. Kolleg:innen wurden sensibilisiert, nach Dienstschluss stets alle PC-Bildschirme und Lichter auszuschalten. Daniela machte sich auf die Suche nach unnötigen Energiequellen in ihrem Arbeitsbereich – der viel in dunklen Räumen liegt – und wurde fündig: Sie entdeckte eine dauerhaft fixierte Pflanzenbeleuchtung, die immer noch aktiv war, obwohl es an diesem Platz schon längst keine Pflanzen mehr gibt. Inzwischen ist sie abgestellt. Daniela und ihre Kolleginnen wollen aber nicht nur das Bewusstsein im Team schärfen – auch die Patient:innen werden ins nachhaltige Denken eingebunden. So wird im Wartebereich beispielsweise Trinkwasser in Einwegbechern angeboten. Um die Abfallmengen zu reduzieren, regte die Abteilung an, eigene Wasserflaschen zum Befüllen mitzubringen. Der Vorschlag kam gut an, der Bechermüll sank deutlich.

ERFOLGREICHE MOBILITÄTSERHEBUNG

Engagiert zeigte sich das Team der Strahlentherapie auch bei der Erhebung zur Mobilität der Patient:innen im vergangenen Oktober. In ausgewählten Bereichen wurde einen Monat lang erfasst, mit welchen Verkehrsmitteln die Patient:innen kamen und abfuhren. In der Strahlentherapie wurden Daten von 3494 Personen erhoben – 2933 von ihnen legten insgesamt 328 238 Kilometer für die Bestrahlungstherapie zurück. Beeindruckend ist in diesem Zusammen hang die Zahl der Telemedizinischen Betreuung: 422 Personen ersparten sich durch telefonische Beratungsgespräche den Weg zu Kontrollterminen in die Klinik. Dadurch wurden über 44 000 Transport-Kilometer und 6,7 Tonnen CO2-Äquivalente eingespart– das entspricht in etwa einer Weltumrundung.



WIR REDEN HIER ÜBER DAS LEBEN

Doch zurück zu ihrer Arbeit mit den Patient:innen: Daniela und ihre Kolleg:innen begegnen in der Strahlentherapie täglich Tumorerkrankten, die meist mehrere Wochen zur Behandlung kommen – da entsteht unweigerlich auch eine Verbindung zu den Menschen hinter der Diagnose Krebs.

„Wir kennen unsere Patientinnen und Patienten, manches Schicksal bleibt einem sicherlich auch in Erinnerung“

„Aber wir reden mit den Patientinnen und Patienten hier nicht über das Sterben, sondern über das Leben. Sie erzählen uns von ihren Familien, von ihren Freunden“, berichtet sie zuversichtlich und sagt:

„Wir setzen alles daran, Patientinnen und Patienten zu heilen. Aber leider ist dies nicht bei allen möglich. Wir können durch Bestrahlung aber auch Schmerzen lindern und so die Lebensqualität der Betroffenen verbessern.“

Das hat sie immer vor Augen, wenn sie mit den Patient:innen arbeitet. Dennoch, die langjährige Tätigkeit in so einem Bereich prägt: „Meine Freunde fragen mich oft, warum ich bei manchen Szenen im Kino weine – ich würde so was ja dauernd sehen. Dann sag ich: Schon, aber bei uns läuft keine Musik dazu.“ 